diekleinefraubraun: ausgegraben

Ausgegraben

27. Januar - 3. März 2013

Eröffnung: Samstag, 26. Januar, ab 19 Uhr
Finissage: Sonntag, 3. März, ab 14 Uhr

„diekleinefraubraun“ präsentiert in der Galerie Kurt im Hirsch die Rauminstallation „ausgegraben". Zentrales Thema der Arbeit ist die Frage nach der Wahrnehmung von Vergangenheit, der Möglich-keit bzw. Unmöglichkeit Vergangenes und Vergessenes in die Gegenwart, in die lebendige Erinner-ung zurückzuholen.

Auf alten Möbelstücken, Schränken und Tischen sind in Kriegszeiten aufgenommene Porträtfoto-grafien ausgestellt. Die Künstlerin hat sie in alten Fotoalben, auf Flohmärkten und Dachböden gefunden oder sie wurden ihr von Angehörigen überlassen. Die Porträts sind isolierte Moment-aufnahmen, das Verbindende sind die historisch bedingten Umstände: Alle Personen wurden zu Kriegszeiten abgelichtet. Einige Bilder stammen aus der Zeit des ersten und zweiten Weltkrieges, andere aus der Zeit der Balkankriege.

Die Fotografien werden ohne weitere Informationen präsentiert. Eine eindeutige Unterscheidung zwischen Tätern und Opfern, Angehörigen und Soldaten, Flüchtlingen und Vertriebenen ist nicht möglich. Einige Personen tragen Uniformen, welche zum Teil auf den militärischen Rang schließen lassen, doch die Identität der Person und ihre Lebensgeschichte bleiben verborgen. Diese individu-ellen Informationen sind im Laufe der Zeit verloren gegangen, allein die historischen Fakten bleiben im kollektiven Gedächtnis. Die individuelle Bedeutung, die die privaten Aufnahmen für Angehörige und Freunde hatte, ist ohne den persönlichen Bezug im Kontext der Ausstellung nicht mehr nach-vollziehbar. Dienten die Bilder zuvor der Erinnerung, so sind sie nun ein Indiz für Erinnerungs-verlust.

Die Künstlerin versteht ihre Arbeit als kollektives Kunstwerk und fortwährenden Prozess. Die Be-schaffung der Fotografien, insbesondere aus dem Ausland, ist meist sehr aufwändig und mit lang-wierigen Recherchen verbunden. Ein Großteil der Aufnahmen wurde der Künstlerin von Angehöri-gen überlassen. Die Weitergabe der Bilder ist für die Familienmitglieder und Freunde oft nicht einfach und setzt gegenseitiges Verständnis und Vertrauen voraus. Die offensichtlichen Leerstellen sind somit ein wichtiger Bestandteil der gezeigten Installation. Die Arbeit wird laufend durch neue Fotografien ergänzt.

Neben und auf den Fotografien arrangiert liegen Knöpfe. Sie ähneln oder entsprechen den Knöpfen an der Kleidung der porträtierten Personen. Die Künstlerin sucht sie auf Trödel- und Kleider-märkten, wie auch in Privathaushalten zusammen und ordnet sie dann den einzelnen Fotografien zu. Der Such- und Zuordnungsprozess als Teil der Arbeit bildet den kontemplativen Versuch, sich dem anonymen Porträt zu nähern, die Erinnerung in die Gegenwart zu holen. Die im Nachhinein zugeordneten Knöpfe erscheinen wie letzte Lebensspuren. Sie verweisen zum einen auf die unüber-brückbare Distanz zwischen vergangenem Leben und gegenwärtiger Erinnerung, auf emotionaler Ebene rücken die anonymen Porträts aufgrund des haptischen Bezugs jedoch näher an den Be-trachter heran. Die Arbeit stellt damit die grundsätzliche Frage nach der Beziehung von Bild und Zeit, von Erinnerung und Identität.

www.diekleinefraubraun.de