Lisa Glauer - Sound: Olaf Pfeiffer

milch

Lisa Glauer

Spenderinnen gesucht! Lisa Glauer sucht stillende Frauen, die bereit sind, gegen eine künstlerische Entschädigung eine Probe ihrer Muttermilch zur Verfügung zu stellen. Eingeschweißt in Tetrapacks, werden diese Spenden das Herzstück von Glauers auf ein Jahr angelegtem MILCH-Projekt bilden.

Was 2005 gefüllt zu sehen sein wird, zeigt die Galerie Kurt im Hirsch bereits jetzt. Noch sind die 100 fleischfarbenen Milchtüten mit dem Schriftzug "mammamil" leer: In einem Flokati-gepolsterten Raum liegen sie verstreut wie industriell multiplizierte Mutterbrüste und verbreiten eine Atmosphäre klaustrophobischer Geborgenheit. Pyramidenförmig und mit eingestanztem Datum markiert, verweisen die Tetrapacks spielerisch auf Sol le Witts "Fehlende Ecke" - und auf die Dauer von Geburt und Stillzeit, einer typischen Zeit weiblicher Abwesenheit. Eine Beschreibung des MILCH-Projekts ist auf Kniehöhe angebracht; der Betrachter, der sich auf das kindgerechte Niveau herunterbeugt, um den Text zu entziffern, löst Milchpumpgeräusche vom Band aus.

In den anderen Räumen, denen sie einen Anstrich von Wohnzimmer verleiht, die jedoch weit entfernt sind von der alarmierend übersteigerten Mütterlichkeit der MILCH-Installation, zeigt Glauer ihre großformatige Malerei. In strahlend-poppigen Farben vergrößert sie häusliche Details, Kachelecken, Innenräume, den Blick an der eigenen Hüfte herunter - Ausschnitte des täglichen Lebens, irrelevant und ständig präsent, wie das Geschirr im Spülstein, denen sie die Farben schillernder Verheißung verleiht.

Glauers Malerei thematisiert Blickwinkel: Durch die Augen, durch den Körper eines malerischen Ichs blickt man auf eine bruchstückhafte Welt voll farbenprächtiger Banalität. Ihre Bildausschnitte erlauben keinen Überblick, keinen Zugriff auf ein von außen dargestelltes Motiv. Stattdessen scheinen Umwelt und Körper ineinander überzugehen; Malerin, Modell und Betrachter scheinen in eins zu fallen.

Vor den ins Riesenhafte vergrößerten Fragmenten des Alltags schrumpft den Betrachter auf Kindergröße - das richtige Format, um der MILCH-Installation einen weiteren Besuch abzustatten. (Text: Käthe Wenzel

Lisa Glauer (*1969). Studierte 1995-98 an der School of Art & Design, SUNY Purchase, NY und erwarb 1998-2002 die Abschlüsse als Master of Fine Arts (Malerei) und Master of Science (Kunstgeschichte) am Pratt Institute, Brooklyn. Seit 2002, Postgraduiertenstudium Kunst im Kontext, UdK, Berlin. Lisa Glauer lebt und arbeitet in Berlin. Ausstellungen (u.a.): 6 X 2 = 13 = ART, Williamsburg Art and Historical Center, Brooklyn, 2000; Snapshot, Contemporary Museum, Baltimore, 2000; Patterns of Repetition, 450 Broadway Gallery, Manhatten, NY, 2001; Artists talk on art - Curator's Choice Competition, Denise Bibro Gallery, Manhattan, NY, 2001; Kost, Berliner Kunstprojekt, 2002; Beautiful Claustrophobia, galerie kurt im Hirsch, Berlin, 2003; Künstlerische Gestaltung NEOKölln Projekt 2003, Saalbaugalerie Neukölln.